11/06/2008

there is a book in iphone



knicken wäre nicht mein baby, wenn der begriff web 2.0 für mich nicht der inbegriff eines spielplatzes für die damen und herren meiner generation wäre. doch dafür, dass ich überhaupt daran gefallen finden konnte worte über die tastatur meines schoßcomputers in die weiten des internets zu publizieren, habe ich zweifelsohne schon bevor ich mit sechs jahren als i-männchen gelabelt wurde, bücher gefrühstückt, gedrucktes mit ins bett genommen, und war vermutlich nur zum sonntäglichen kirchgang zu bewegen da ich wusste, dass ich danach in der dazugehörigen bücherei verweilen durfte, die keinesfalls ein christliches geprägtes programm aufwies.

wenn man als kind viel gelesen, gezeichnet und aufgrund der abwesenheit der möglichkeit eine sms oder e-mail zu verfassen brieffreundschaften gepflegt hat, bleibt man süchtig nach der haptik von gedrucktem, ähnlich wie fashion-versteher beim stoffkauf sich zunächst auf ihre fingerkuppen, und nicht auf ihr sehvermögen verlassen. ob die dünnen seiten einer schulbibel, die glitschigen blätter einer frauenzeitschrift im pocket-format oder die zunächst sperrigen und rauen bögen eines hardcovers - das feel eines druckerzeugnisses weckt immer eine assoziation zu natur und qualität seines inhaltes.
so bleibt es in maßen verständlich, dass journalisten ihre texte ungerne nur ins netz entlassen, anstatt in die druckpresse und vertreter der verlagsbranche das vordringen des webs auch in ihre gefilde geflissentlich ignorieren, totreden, oder gleich das ende des geschriebenen wortes in formvollendung herbeifantasieren. die verschiedenen chancen, sei es nun eine sehr viel weitere verbreitung, ein leichterer zugriff und dies auch für nachfolgende generationen oder ein ressourcenschonendes aushändigen von text und thesen, werden den generalverdacht des kulturverlustes verschuldet durch das internet wohl nur langsam dämpfen.

ausgerecht ein kleiner independent-verlag, ansässig im herzen von kreuzberg 36, hat nun den pionierschritt gewagt und als erster verlag weltweit die erstveröffentlichung eines romans sowohl traditionell als greifbares schriftstück für den buchhandel als auch als e-book für das iphone und ipod touch in den markt gebracht. in kooperation mit den apple-entwicklern der thecode ag hat der verlag onkel & onkel einen stand-alone e-reader für das iphone entwickelt (mehr dazu hier). erstes anliegen von onkel & onkel ist hierbei zunächst die leserschaft für die technologie zu begeistern: sie bieten daher den roman 'puder' von dem norwegischen gegenwartsautor tor age bringsværd als vollständiges werk zum kostenlosen download an. das werk ist sogar inhaltlich auf die iphone-application abgestimmt: die gesellschaftssatire spielt in in einem durchtechnologiesierten oslo der zukunft, in dem protagonist p als irrationales handlungselement bei einem verlag arbeitet, und dort die von computern geschriebenen texte in weniger glatte form versetzt.



von der einwandfreien funktionalität des buches fürs iphone habe ich mich gestern bei einem besuch im laden des verlags in der oranienstraße 195 überzeugen können. neben anderen bunten netzideen in der hinterhand bieten onkel & onkel natürlich auch eine exquisite auswahl gedruckter dinge wie das vielbesprochene führer-quartett, zozoville prints oder meinen persönlichen favoriten: ein winziges schwarzes buch aus der reihe die kleinen bösen bücher: "gemeine antworten auf kinderfragen". wer sich zudem von indieerotik inspieriren lassen möchte kann im laden des verlags das jungsheft erwerben.

onkel & onkel - im netz oder in der oranienstraße 195, 10999 berlin-kreuzberg. zum download des buches hier entlang, auf papier findet ihr es hier.



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