6/29/2009

2. juli - 1x2 tickets für die vice bread & butter party


picture by miss hentschel

die fashion reports des vice magazins stellen den hochglanz-schreiberinnen der modewelt die nackenhaare auf, denn obgleich der vice-typischen neigung zur übertreibung treffen die kurzbeschreibungen des berliner stils die sache zielgerichtet im mark: die "mysteriöse kombination aus sex, abgefucktheit und dem süßlich-soften charme einer vorkriegsschönheit hat unser aller herzen ergriffen". doch berlin, die bread & butter und die fashionweek brauchen gerade wegen der mühsam gebügelten fassade und den durch die prominenz des hinteren alphabets erzwungenen glamour während der modischen woche parties, die fashion auf eine andere art und weise zelebrieren. schwappt der vodka nicht aufs kleid, hast du nicht richtig gefeiert.

für die vice party am 2. juli - die zweifelsohne viel fashion, aber wenig couture bieten wird - haben wir 2 karten zu vergeben, und die aufgabe ist denkbar einfach: beschreibt uns kurz, was für euch der berliner stil ist und welches stück die berliner straßen und nächte in der kommenden saison prägen wird.

eure fashion reports nehmen wir montag und dienstag als e-mail an knickenberlin@googlemail.com hocherfreut entgegen, und wenn ihr schon dabei seid, packt sie gerne direkt in die comments.

alle infos zur party, die übrigens nur mit einer einladung in angriff genommen werden kann, findet ihr auf dem flyer. unsere zusammenfassung der letzten fashion week findet ihr an dieser stelle.



einen ausschweifenden guide zu den nächtlichen festlichkeiten während der fashion week und bread & butter haben übrigens unsere charmanten kollegen von i heart berlin zusammengestellt.


6/27/2009

Levi's Gewinner Teil 2: Das Grufti-Mädchen



This Shit is serious. Es geht um tiefe Zuneigung, Respekt, Trends und Ghetto. Dinge, mit denen man in Kreuzberg stets umgeben ist. Wir fühlen mit.


"Als ich in der 5. oder 6. Klasse war, musste man eine Pash-Hose anhaben. Ich meine nicht, um etwas darzustellen, sondern um überhaupt wahrgenommen zu werden. Pash-Hosen waren die ganz weiten, die aussahen, als hätte man reingemacht und man musste sie erst in weiß und dann in rot haben. Vielleicht war es auch andersherum.

Die haben aber damals schon 150 Deutsche Mark gekostet. Meine Eltern haben nicht eingesehen, mir eine so teure Hose zu kaufen: "Geh doch zu Jean Pascale, da gibt es auch Hosen, oder C&A. Wir verstehen gar nicht, was du auf einmal gegen C&A hast..."

Ich war damals verguckt in einen ganz harten Typen zwei Klassen über mir, Alexander N******, der war voll Ghetto, hat aber nur mit Pash-Hosen-tragenden Mädchen geredet. Es musste also dringend eine her. Natürlich habe ich mein Sparschwein zerschlagen, in das ich schon seit 5 Jahren eine und zwei Markstücke gesteckt hatte und habe mir eigenhändig eine tolle weiße Pash gekauft. 



Ganz stolz kam ich in die Schule und stellte mich in die coole Ecke. Als der Typ mit seiner Ghetto-Entourage vorbei kam, sah er mich, blieb stehen und begutachtete meine Hose. Dann fingen er und schließlich alle anderen an zu lachen und er meinte: "Ey, uncool, voll von gestern mit der Pash, jetzt trägt man Levi's. Alter!" Gedemütigt habe ich dann aufgegeben, mich nach der Mode zu richten und bin ab der 7. Grufti geworden."


Lieber Alexander, wir danken dir. Es ist nähmlich dank deiner Mithilfe nochmal alles gut gegangen. Wir wissen das. Auch wenn es hart war. Damals.

Mehr zum Levi's Unbuttoned Event am 2.7. im Astra gibt es hier oder rechts in der Leiste.


Levi's Gewinner Teil 1: Der Ostfriese



Unser erster Gewinner kommt aus Ostfriesland und hat es nicht leicht. Wir fühlen mit.


"also da ich desgintechnisch ja hochgradig interessiert, aber eher minderbemittelt bin, was sich unter anderem darin äußert, dass ich voll gerne visuelle kommunikation in berlin studieren würde, aber das bewerbungsverfahren von der htw einfach zu hardcore ist, um einen semitalentierten ostfriesenjungen wie mich da durchschlüpfen zu lassen (wie ich glaube, da ich die bewerbungsfrist verpennt habe), habe ich mich also just gegen ersteren link (buttondesign) entschieden und feuchtfröhlich auf den zweiten geklickt. komm, quiz ist easy, ich bin doch so schlau und so.

aber nee, kannste knicken (no pun intended), weil ich die songs von den ganzen helden nicht kenne. ich weiß ja nicht, ob ihr das ausprobiert habt, also da kommt so ein schickes java-web2.0-schlagmichtot-applet, wo einem so lieder vom busy und vom alex vorgespielt werden, und man soll dann klicken beim richtigen namen des songs. und die kannte ich nicht. ich kenn vom alex zwar so tolle remixe, wie den, den er vom sébastien gemacht hat, mit liebe & gewalt.

aber die antworten kannte ich nicht. ja klar, ich hätte auch einfach die antworten hier so auf einem oldskooligen .txteditor namens stück papier schreiben können und dann nochmal. ihr wisst schon. aber mogeln is nich, mogler stinken nämlich nach reis mit fisch, sagte man mir.

nun denn, entschied ich mich also für diese nette mail an euch, was ja so schlimm schon nicht werden könnte. war es jetzt auch nicht. ist nett mit euch! ich möchte nämlich mal wieder nach berlin. und wenn es mit dem studieren schon nicht klappt, und die leute, bei denen ich so ein tolles unterbezahltes praktikum machen möchte, sich jetzt nach 3 wochen immer noch nicht melden, dann will ich wenigstens ein bisschen tanzen.

also, berliner: habt ein herz und lasst meine freundin und mich unsere levi's (bzw. lee oder humör oder doc denim, whatever... aber pssst, sagts nicht herrn strauss respektive dem türsteher) am 2. juli unbuttonen und unzippen. unbuttonen spricht man meiner definition nach übrigens anbattenen aus, ist gar nicht so schwer, ich probier es gerade aus."



Frei nach Das Pop: "a naked girl will take my picture". Das darf aber ruhig nachgeliefert werden.

Mehr zum Levi's Unbuttoned Event am 2.7. im Astra gibt es hier oder rechts in der Leiste.


6/24/2009

Who killed Bambi?



Dieter Gorny hat die Popkomm vorübergehend eingeschläfert. Die Ursachen für die einjährige Pause der ehemals glanzvollen Musikmesse sieht deren Gründer vor allem in der um sich greifenden Musik-Piraterie; sie mache es Unternehmen finanziell unmöglich, teilzunehmen. Damit stimmt Gorny in den Chor der Stimmen ein, die völlig zu Recht und überfälligerweise fordern, dass rechtliche Grundlagen für die Reformierung des krankenden Industriezweigs Musik geschaffen werden müssen.

Allerdings wiederholt er genau den Fehler, der ihn und seine Messe wohl tatsächlich in die aktuelle missliche Lage gebracht hat: Er klammert sich an eine alte Denke, die das Internet und die heutigen Musikliebhaber mit ihren Konsumgewohnheiten schon längst überholt haben. Im Gegensatz zu Tim Renner, der Open-Source-Ideen versprüht, pocht Gorny in altbewährter Bestrafungsmentalität auf das bereits in Frankreich gescheiterte Prinzip von Netzsperren für Musik-Piraten.

Seine Haltung ist nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern verleugnet schlicht und einfach den realen Wandel. Dass sich der Konsument vom sich selbst bedienenden, freiheitsliebenden Filesharer zurück zum industrie hörigen, zahlungswilligen Musterbürger entwickelt, ist allerdings mehr als zweifelhaft. Vielmehr gilt es, neue Wege zu finden, das Internet, diesen exogenen, technologischen Schock – genau wie die Kassette und die CD – zu überwinden. Das ausgerechnet das branchenfremde Unternehmen Apple die Musikwirtschaft mit iTunes und iPod ausspielen konnte, ist bezeichnend für die Fortschrittsrenitenz der Musikindustrie.

Dessen ungeachtet ist Gornys Anliegen, der Schutz des Urhebers, durchaus ehrenwert. Seine Angst vor der Kulturflatrate, die jegliche Downloads legalisieren und damit Künstler ihrer Verwertungsrechte berauben würde, ist begründet. Die Flatrate würde das Urheberrecht und damit die legalen Distributionswege auf breiter Linie aushebeln, sollte sie frei nach Renner der Open-Source-Logik folgen. Sinnvoller wäre die von CARTA-Gründer Robin Meyer-Lucht vorgeschlagene Urheberrechtsabgabe für das Internet, ähnlich wie es bei Rohlingen oder Brennern schon üblich ist. Diese Abgabe würde sowohl die nicht zu verhindernde Piraterie bedenken als auch den klassischen Geschäftsmodellen Respekt zollen. Zwar würde man illegale Downloads de facto tolerieren, nicht aber akzeptieren – ein entscheidender Unterschied.

Solche Ideen hört man von Gorny nicht, der eben aus diesem Grund die Idealbesetzung für das Sprachrohr der schocksteifen deutschen Musikwirtschaft ist. Man vernimmt nur das immergleiche Lamento, das den Diskurs mit der eigenen Kundschaft scheut. Doch genau hier hätte die Popkomm ansetzen und den Kontakt mit den Kreativen suchen müssen, wie es z.B. die Kölner c/o pop oder die Leipziger (Pop Up vormachen. Die Bewegung in der Urheberrechtsdebatte hätte ein fruchtbarer Nährboden für eine im Kern erfolgreiche, nachhaltige Messe sein können.

Stattdessen fabuliert Gorny von einer „digitalen Krise“, deren Höhepunkt tatsächlich längst passé ist. Popkomm-Direktorin Katja Gross verweist immerhin ganz richtig auf ein neues Gesamtkonzept, welches notwendig wäre, um der Messe 2010 wieder Leben einzuhauchen. Eine Randnotiz. Statt dessen: Alarm- statt Aufbruchstimmung, der Ruf nach Vater Staat statt Eigenveranwortung. Das kommt Ihnen bekannt vor? Willkommen im Klub der Bankrotteure.


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Dieser Artikel erscheint morgen im Freitag. Auf Papier.


6/22/2009

2.7.: 2x2 Levi's Unbuttoned Berlin Event Karten zu gewinnen



Levi's geht auf Tour. Das ist ja auch erstmal nichts Verwunderliches, denn als Firma mit lustigen Jeans und roten Schildchen hat man einen Ruf bei pubertierenden Teenies bis hin zu Hipstern in skinny Jeans und funky Hair zu verlieren. Und ganz neoliberal muss man einfach anerkennen, dass man sich beim heurigen Unbuttoned Event Mühe gegeben hat. Das Lineup ist sehr stark gut, ganz objektiv, die Zugangsbedingungen mehr als demokratisch. Abgesehen davon macht Aufknöpfen von je her am meisten Spaß, insofern triggert man hier echte Gefühle. Dafür bin ich natürlich immer zu haben.

Wie also kommt ihr zu euren Karten? Entweder ihr macht am Levi's Design Contest mit und denkt euch ein paar sehr stark fetzige Knöpfe aus oder ihr beantwortet ein paar Fragen in diesem Quiz, wohlmöglich die einfachere Variante. Wie immer gibt es aber auch die Möglichkeit, uns mit einer möglichst dämlichen eloquenten Antwort zu überraschen und direkt bei uns 2x2 Karten zu ergattern. Das ganze per Mail an knickenberlin@googlemail.com. Die Antwort wird natürlich ebenfalls kommentiert und veröffentlicht. Ist klar.


Amanda Blank - Might Like You Better (dl) (alt)



Was gibt es sonst noch zu sagen? Die auftretenden Musiker sind unter anderem Alex Ridha, den ich noch aus Schulzeiten kenne und der heute als Boys Noize nicht nur ein Label, sondern auch ein paar mehr Achtungserfolge zu vermelden hat, Shir Khan von unsereren Lieblingsbloggern der Berlin Battery, der nicht nur niedlich ausschaut, sondern mindestens genauso auflegt, Amanda Blank, die uns als fetzige Emmanze in Combo mit dem Pornobatzis von Bangers & Cash in Erinnerung geblieben ist, Esser, den mein Herz Aleks schon vor Ewigkeiten an den Mann bringen wollte, die Crookers, zu denen man eigentlich nichts mehr sagen muss, ausser das hier und die Subways, die vermutlich Tessas Herz für sich gewinnen können. Von wegen funky Hair und so. Reinhören könnt ihr hier auch in ein bisschen was.


Esser - Long Arms (dl) (alt)



Mehr Infos zu dem Event findet ihr hier, mehr Infos zu den Muckern auf den Pages von Boys Noize, Amanda Blank, den Subways, Esser und der Berlin Battery.


6/19/2009

128 zu 389: Warum sich die große Koalition an die Bild verkauft hat und die Jugend endlich wieder die Jugend sein kann.


Bei der EU-Wahl holt die Piratenpartei in Schweden bei der Gruppe der Jungwähler (18-30 Jahre) mehr Stimmen als jede andere Partei. In Deutschland fegt eine Welle der Empörung durch das Netz, weil die große Koalition ein Gesetz durchwinkt, welches die Rechtsstaatlichkeit in ihren Grundfesten erschüttert. Die Piraten holen ein knappes Prozent. Und die Alterwürdigen huldigen der Macht.

Das System dahinter ist so banal wie kurz gedacht. Ob Henne oder Ei, die Bild entschloss sich relativ frühzeitig dazu, den Altkonservativen Rückendeckung zu geben und Ursula Von der Leyens Internetsperrgesetz ganz im Sinne der Erfinderin zu lancieren. Gegner wurden rigoros abgewatscht. Ein Schelm, wer bei der Zweckgemeinschaft Krogmann/Draxler Böses denkt. Man ist es ja nicht anders gewöhnt.

Nun ist die Bild nicht irgendein Medium, sondern vermutlich eines derer mit den größten Reichweiten. Die "Internet-Community", oder kurz "Community", wie sie inzwischen gern genannt wird, dahingegen ist ein zartes Pflänzchen, ein Sprössling, jedenfalls noch lange nicht in voller Blüte. Ihre Stimme taugt noch nicht für das Rauschen im Walde.

Wahlpolitisch scheint damit klar, was zu tun ist. Wer was gelten will, muss bei der kommenden Wahl auf Rot setzen, auf jenes mit 4 Buchstaben. So wähnt man schließlich im Zweifelsfall den Großteil der Bevölkerung hinter sich. Welcher gute Volkspolitiker käme schon auf die Idee, dem Newsgiganten in der heissen Phase des Wahlkampfs zu widerstehen und den Mann von der Straße mit Bildern nackter Jünglinge zu vergraulen? Richtig.

Die Vermutung, dass hinter dem Verhalten der Protagonisten Kalkül steckt, lässt sich ebenfalls mehr als deutlich an selbigem ablesen. Frau von der Leyen nahm ebenso wenig an Ausschüssen wie Abstimmungen betreffend "ihres" Gesetzes teil, denn wetterfest und schmutzresistent ist ihre Fönfrisur nicht. Sitzen tut sie nur im rechten Licht. Anderswo möchte man im Wahlkampf auch nicht stehen. Und wer hätte sich schon öffentlich von jemandem bloßstellen lassen wollen, dem man vorwirft, ein Päderast zu sein. Das wollte nicht einmal Herr Dörmann von der SPD.

Was aber, wenn der Wahlkampf vorüber ist? Die Parteien gehen ganz im Sinne der klassischen Wahlversprechen davon aus, dass Otto Normalverbraucher in 4 Jahren nicht mehr daran denken wird, was am 18. Juni 2009 geschah. Ob diese Binsenweisheit allerdings auch für das Internet, diesen riesigen, furchteinflößenden und interaktiven Datenspeicher, gilt, ist zumindest fraglich. Wir werden es erleben.

Nimmt man einmal an, man würde nicht vergessen, in 4 Jahren hätte man immer noch mit den Geistern, die man heute rief, zu tun: die Langzeitwirkungen des heutigen Tags könnten schlimmer nicht sein - zumindest aus Sicht der Volksparteien. Denn gerade die Jungwähler sind netzaffin, verteidigen diesen Hort der Glückseligkeit (und vermeintlich der Kinderpornographie) wie ihre Augäpfel. Sie sind es aber auch, die in ein paar Jahren darüber entscheiden werden, wer sie regiert. Denn so alt wird nicht einmal die Wählerschaft der CDU, auch wenn die Parteispitze selbst nur all zu gern vom ewigen Leben fantasiert.

Dass eine Generation heute zum Bauernopfer eines Kuhhandels zwischen konservativen Popularmedien und Regierungswilligen wurde, scheint zu groß, um zwischen Bits und Bytes zu verloren zu gehen. Denn was Jahrgängen von Politikern nicht gelang, findet man dank #Zensursula heute in den sozialen Netzen wieder: U30-Politisierung; etwas, was selbst Linksaußen schon längst ad acta gelegt hatte.

Dass das Gesetz selbst einen Angriff auf Informationsfreiheit, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, Länderkompetenzen und Demokratie an sich darstellt, bezweifeln selbst führende Rechtsexperten nicht. Insofern ist es zumindest nicht ganz unwahrscheinlich, dass dieser perfide Versuch der großen Koalition, kurz vor ihrem Ableben Machtverhältnisse und Kontrollsysteme dieses Landes im Sinne gereifter Renitenz auf den Kopf zu stellen, an der ein oder anderen Hürde, die noch auf ihn wartet, scheitern wird. Im Sinne des Allgemeinwohls wäre es allemal, wenn ein Gesetz, das Kontur mit Konjunktiv verwechselt, eine angemessene Halbwertszeit bekäme.

Was aber bleiben wird, ist das Gefühl einer Generation, nicht verstanden zu werden. Ein Gefühl, das von je her Motor der Veränderung war und nun frei nach Sascha Lobo mit dem Netz den richtigen Kraftstoff gefunden hat. Das ist es, worüber man sich in den Spitzen von CDU und SPD Gedanken machen sollte. Denn das Netz und seine Denke wird die Bild und ihre Leser zwangsläufig überholen; ein Umstand, der Futter für etwaige Projekte im niedrigen zweistelligen Bereich liefert.


6/17/2009

Ich, die Basis



Gestern gegen Mittag, als man mir, der Basis, (maximal) zuhauchte, dass die SPD sich dazu durchgerungen hatte, dem Internetsperrgesetz zuzustimmen, brachen in mir gleich mehrere Welten zusammen. Das hat vor allem damit zu tun, dass ich aus einer klassisch rot eingefärbten Familie komme. Diese ist allerdings schon länger vom guten Glauben abgekommen ist., so dass mir als rebellischem Sohn nichts anderes übrig blieb, als das Fähnchen hoch zu halten und ganz konservativ beizutreten. Was sollte auch das linksbürgerliche Gebrabbel über grüne Politik, Soziales und Protest?

Diesen Schritt in die Partei habe ich bis dato nie bereut. Als Volkswirt und Marketingfetischist war ich begeistert von Gerhard Schröder, ich gestehe. Mir machte es Spaß, dabei zuzusehen, was er unter populärer Wahlpolitik verstand und wie er als Popstar des Genres auf den letzten Metern immer wieder die Konkurrenz schockte. Das war groß, ein bisschen so wie der BVB Mitte der 90er Jahre. Mit welchen Mitteln diese Größe erreicht wurde, ist für den Fan in der Momentaufnahme immer nebensächlich.

Und wenn man sich mal gar nicht mehr sicher war, dann konnte man sich darauf verlassen, dass man mit der SPD im Zweifelsfall die "gute" der zwei großen Volksparteien unterstützte. Das war ein beruhigendes Gefühl, eines, das einem Halt auf einem unüberblickbaren Feld aus Interessen, Lobbys, Macht, Lobbys und Lobbys gewährleistete. Klar war man gegen den Irakkrieg, vor allem, wenn es ein Pulle Bier dazu gab.

Für mich waren es diese zwei Gebote, auf die man bauen konnte: Entweder die SPD macht populäre Politik, um den "Guten", also sich selbst, zum Wahlerfolg zu verhelfen, oder man propagierte zumindest das Richtige, so dass am langen Ende behauptet werden konnte: "Na, wir wussten schon immer, wie der Hase läuft, aber ihr an der Basis, ihr wolltet uns ja nicht."

Diese Zeiten - vor allem die der bedingungslosen Loyalität - sind für mich als Basis persönlich vorbei. Die SPD hat mich mit ihrer Entscheidung ins Mark getroffen, mein Verständnis von Haltung, Gerechtigkeit und Angemessenheit erschüttert. Und vor allem hat sie ihren Pfiff verloren. Denn helfen kann ihr die Zustimmung zum Gesetz nicht. Weder kurz- noch langfristig. Das Gegenteil wird der Fall sein.

Dieser Tage ist die SPD weder eine strategisch denkende, intelligente noch eine Partei, die für Bürger und ihr Recht eintritt. Sie ist gar nichts mehr. Zumindest nichts, was ich, die Basis, entgegen besseren Wissens in mein Herz schließen kann und will. Eigentlich war in der Hinsicht schon Kurt Beck eine Zumutung, aber jetzt mache ich Schluss. Ich will nicht mehr.



PS: Ich bin chronisch überarbeitet. Ich muss erst noch Mittel und Wege finden, mich selbst zu organisieren, bevor hier wieder mehr passiert. Das kann aber eigentlich nicht mehr lange dauern. Ich bin ja modern. Und so.