nicht das von bernd graff titulierte
web 0.0, nicht
google chrome und sicher nicht
'the brave new world of digital intimacy' sind der untergang der abendländischen kultur. die vorzeichen einer solchen offenbarten sich vielmehr heute nacht in einer mir bislang unbekannten seitenstraße der friedrichstraße in berlin: in der rosmarinstraße - welch klangvoller name - eröffnete heute abend das
badlands. ist der name programm? die tür ließ zunächst einen solchen verdacht aufkeinem, kamen an diesem abend doch vor allem, und diesen weg könnte man fast als charmant bezeichnen,
postalisch geladene gäste. was unfreundlichkeit und arroganz generell mit stil zu tun hat, sei dahingestellt, aber die
handschrift einer tür prägt nicht selten das dahinterliegende.
das badlands ist in seiner genese angelegt als zusammenwachsen von
weekend und
rio, von denen die zuletzt genannte quelle nächtlichen treibens vor über einem jahr versiegte. wer den einen club kannte und den anderen kennt, kann sich leicht ausmalen, dass diese mischung von publikum, die den abend tatsächlich in bildern umreißt, eine seltsame sein musste. ein satz, der mir aus meiner englischsprachigen zeit für all das, was an absurdität, fehlgeleitetem tun und
krankhaftigkeit hängen geblieben ist, kommentiert folgende szene, die geschätzte sieben minuten nach meinem fußsetzen in die in die mitte berlins platzierte lokalität geschah: einen drink mit kreditkarten nachempfundenen wertmarken in der hand zu bestellen,
tita von hardenberg (
foto hier)zu meiner linken, zur rechten
ulf poschardt, zu einem grad angetrunken, der einen mann seines alters jeglicher haltung beraubt, is just so wrong, it defies
words. chosing koks, over kinder - auch das mag eine entscheidung sein, die für manche menschen bei überschreitung der fruchtbaren phase den pfad zum vermeintlichen glück pflastert, but pretty, is something else.
als schönster anblick des abends offenbarte sich erbarmungslos der junge mann im violetten nicki-pullover, fasziniert an einer
fototapete dem treiben auf der damentoilette zusehend, der mich fast eine legislaturperiode zuvor das erste mal ins rio geschleppt hatte. die beschreibung, die mir gestern morgen kurz für meinen besten freund durch den kopf schoss war diese: dieser herr hat mir damals im
rio den mann vorgestellt, der mir kurze zeit später das herz zertrümmern sollte. natürlich war das angeschlagene herz eine lektion an der ihn in keinerlei weise die schuld traf; das lernen über mich selbst zugleich größer als der verletzte stolz. ihn nun so zu charakterisieren geschieht natürlich mit einem dicken augenzwinkern, denn ein bild dafür, was den schmerz als im nachgang kurzweilig scheinen lässt, ist, dass ich zurzeit eher die energie eines überzüchteten rennpferds und die vergnüglichkeit eines jungen fohlens aufweise, während mein exfreund eine entzückende
romanfigur abgibt, so wie er nun täglich mit dem mops seiner exfreundin, die nun freundschaftlich mit ihm, dem hund und zwei zwergkaninchen zusammenwohnt, allabendlich spazieren geht.
das mitanzusehen bricht mir heute das herz.
mein bester freund ist ohne zweifel mehr als der mann, der mir den typ mit dem
schoßhund vorstellte. das schöne ist, dass er diese charakterisierung genauso lachend einzuordnen weiß, wie ich es für unsere freundschaft eher bestätigend finde, dass er mich für einen mann, der dreimal so alt ist wie ich, versetzen darf. so alt durfte ich mich gestern nacht an seiner seite fühlen als ich das badlands nicht verstand. zu verstehen gibt es da auch nichts. zum einen kann ich nur die abwesenheit eines konzepts feststellen, zum anderen eine lebensdauer prognostizieren: der plötzliche
kindstod.
uns darüber einig standen wir noch eine weile staunend an der bar, gegen aufbruchszeit mit cola in der hand, und beglückwünschten uns dazu, den drang sich als nachtgestalt zu
verlieren bereits komprimiert herausgefeiert zu haben, um noch vor der dreißig in ein gefüge zu stolpern, dass marktforscher lakonisch als 'urban mit werten' bezeichnen. um vier uhr morgens - fast zu früh um in berlin die nacht überhaupt zu beginnen - verlor die
feldforschung schließlich an reiz. die entscheidung zu riskieren etwas zu verpassen erlaubt uns nun hier und auf der insel wieder zu unserer berufung als medienschlampe zurückzukehren - sei es nun als lobbyist, jingle-schreiber, blogger, marketer oder anchorman. die endvierziger journalisten, die zu dieser stunde noch im club ausharren, machen dann am dienstag wieder die nachrichten, die medien mit dem
flair der zeit, die sich heute abend mit ästhetik der örtlichkeit, style des publikums und wahl der musik dezent zwischen 80er und 90er jahren einpendelte. auch das will gelernt sein.
ulf poschardt schloss sich nach zweifeln übrigens der meinung an, das der im netz entstehende
bürgerjournalismus eine chance und kein fluch ist. sein text
"die intelligenz der masse" findet sich nach dem
klick. vielleicht findet er bald nicht nur einen club, sondern auch ein medium, bei dem seine anwesenheit stimmig ist und spuren hinterlässt.
update: ansonsten kommentierten noch
die berliner morgenpost,
i heart berlin und
sonett77.