als spross der katholischen kirche bin ich mit dem ritus des österlichen
fastens aufgewachsen und habe anstandslos die an
weiberfastnacht ersungenen süßigkeiten zur verwahrung oder rationierten abgabe an die oberste spirituelle instanz meiner familie übergeben. wirklicher verzicht erwuchs einem kind in den 80ern daraus nicht.
heisshungerattacken aus liebeskummer, hormonellen schwankungen oder klausuren- stress sind kleinen kindern meist unbekannt, und ein verzicht auf das spärliche medienangebot war zu dieser zeit kaum von nöten.
vom deutschen fernsehen
abstinent zu leben ist zwanzig jahre später im sinne des fastens ebenfalls kein opfer, eine zuwendung zum programm der heimischen sender wohl eher ein opfererung des eigenen verstands – dennoch kommt der aufruf der ansonsten eher rückwärtsgewandten
katholischen kirche einem kleinen schritt auf modernerem boden gleich:
papst benedikt xvi. empfiehlt seinen schäfchen in den wochen vor ostern ein
medien-fasten, um in der abkehr von bildern und stimmen die zeit der
buße intensiver zu durchleben.
für die amerikanischen katholiken erscheint dies vielleicht als hohn, hat der
writers’ strike sie doch mehrere wochen auf
zwangsdiät von ihren liebsten sendungen gesetzt und quer durchs land sarkastisch kommentieren lassen, das aussetzen des programmangebots würde die us-bürger nun zwingen, interpersonalen kontakt zu intensivieren oder das geschriebene wort zur hand zu nehmen.
für die deutschen christen hingegen wäre das medienangebot das geeignete
anorektikum, um in der fastenzeit die finger von den
gaumenfreuden zu lassen. doch vielleicht hat benedikt sich mit seinem vorschlag in die
essstörungs-offensive der bundesregierung eingereiht, und sieht beim medien-fasten einen ansatz - ensteht durch shows wie dsds, barbara salesch oder johannes b. kerner doch eher ein brechreiz als appetitlosigkeit – bulimische symptomatik einzudämmen, scheint diese doch wenig vereinbar mit den
prinzipien der katholischen kirche – im gegensatz zur spirituellen
askese.
das fasten auf immateriellen verzicht zu verlagern ist außerdem von nicht zu unterschätzender volks- wirtschaftlicher bedeutung: kommerziell angebotenes fasten, tee, vitaminpräparate und
yogamatten könnten wohl kaum ausgleichen, was verloren ginge, würden alle christen 40 konsekutive tage auf jegliche genussmittel oder gänzlich auf feste nahrung verzichten.
hoffen wir nur, auch die politik verzichtet in der fastenzeit einmal auf das bad in pseudo-ereignissen: als
bildfähige aktion wäre das fasten natürlich für jeden
minister geeignet, sich in zeiten, in denen kein
handy zurückzugeben ist,
teesiebe auf die augen gesetzt werden oder
gänse gerettet werden können, sich medial mal wieder ohne politische aussage zu positionieren. die wirksamkeit solcher aktionen sollte aber für eine gute platzierung unter unseren beliebtesten
volkvertretern auch im zuge eines medien-fastens der bevölkerung ähnlich gering ausfallen.
die politischen, spirituellen und gesundheitlichen aspekte des fastens hin oder her – einem
bericht der new york times zufolge hat ein asketischer lebenswandel nun auch wieder für
männer hochkonjunktur: im artikel
"fashion’s new male ideal: the underfed look" sorgt guy trebal sich um die
hohlwangigen männer, die über die laufstege wandeln.
von anabolika zum leben erweckte
muskelmassen sind zwar seit jeher nicht zu tolerieren - geschweige denn anzufassen - doch nun können die
skispringer sich zusätzlich damit rühmen, nicht nur mit der in hungerzeiten natürlich auftretenden zusatzdosis von serotonin zu dopen, sondern auch modisch in sachen
körperbild am puls der zeit zu sein. der trend nun lieber etwas
elfengleiches, als einen california surfer boy an der hand zu führen, mag auch den frauen trost spenden, die trotz normalgewichts ihren freund im
armdrücken schlagen, oder seit monaten versuchen, ihn durch den entzug von zigaretten, aufopferndes zufüttern von sahnigen suppen und den weihnachtlichen marzipanvorräten, wenigstens auf inch-weite 30 zu mästen – was meist ohne erfolg hinsichtlich des körperfetts bleibt, aber wenigstens mit wertschätzung und
verblüffung über die wachsenden küchenambitionen honoriert wird.
wer sich nicht in weiser voraussicht des indieboy-revivals ein solches prachtexemplar vor jahren im
magnet-club zu eigen gemacht hat, kann nun natürlich das gemeinsame kochen im
pärchenkalender als fastentag markieren, den trend zum jüngeren mann gleich wieder miteinführen und den 17-jährigen freund der kleinen schwester einheimsen, oder ins
sauerland zum
skispringen fahren.
sollte all dies ohne trophäe enden, kann frau
bis ostern zumindest immer noch behaupten, vor allem sexuelle enthaltsamkeit zu exerzieren.
im zuge dieses stichwortes gibt es dann noch eye candy zum abgewöhnen für die herren:
lindsay lohan im ny mag als marilyn monroe - streckenweise unbekleidet, aber nicht gerade
lecker.
futter für die
geschundene fernsehseele gibt es seit letzter woche übrigens wieder von der insel. dort ist sie zweite staffel der serie
"skins" angelaufen - so schön,
so sexy und
so skinny wie eh und je.